No Reserve Auktionen

Aalholm-Syndrom befällt auch Mailand

Duemila Route Auktion in Mailand vom 25. bis 27.11.2016 lockt mit mehr als 800 Lots zahlreiche Besucher und Bieter an. Die Profis von RM und Sothebys veranstalten die nach eigenen Angaben bisher größte Auktion auf europäischen Boden. Und tatsächlich kann sich die Auktion sehen lassen.

Was erstaunlich ist, ist dass die Bieter letztlich Gebote abgeben, bei denen sich jeder Händler, der das klassische Auto anböte, freuen würde, ein Geschäft zu machen. Dann allerdings wäre der Kauf mit einer umfassenden technischen Durchsicht, der Möglichkeit eine Hebebühne zur Untersuchung einzusetzen und die nicht zu unterschätzende Probefahrt machbar. Dies alles gibt es hier nicht. Nachdem der Bieter 100 Euro „Eintritt“ gezahlt hat darf er die Autos umrunden, unter die Motorhaube und in den Innenraum schauen und das war es. Angaben zur Vorgeschichte? Fehlanzeige. Man bekommt einen Kaufvertrag und wenn man Glück hat ein italienischens Leporello. Ein ewiges Manko für ein klassisches Fahrzeug, bei dem die Geschichte und Dokumentation des Wartungs- und Pflegezustandes zählt. Und dennoch bieten die Bieter Höchstpreise! Warum?

Wie bereits bei der RM-Auktion in Aalholm/DK im Sommer 2012 wurden auch in Mailand klassische Autos als Schnäppchen angeboten, in Aalholm hiess es sogar „alles muß raus“. Wirklich günstig war freilich nur das Angebot, also „Estimate“. Das bedeutet ja nicht mehr als eine unverbindliche Einschätzung. Die Kauflust der Bieter wurde geweckt durch die Zauberworte „no reserve“, was ja bedeutet, es gibt kein Limit nach unten, der Super-Sportwagen für 1 Euro ist theoretisch möglich. Aber nicht wahrscheinlich. Es ist also die Kombination aus „no reserve“ und niedrigen „Estimates“ die die meisten Bieter unvorsichtig, ja geradezu draufgängerisch werden lassen. Und es darf nicht vergessen werden: man zahlt nicht das, was verkündet wird, wenn der Hammer fällt, sondern zusätzlich das Aufgeld (in diesem Falle 12 % ) und die staatliche MWSt (VAT), in Italien z.Zt. 22% darauf. Ist der Kauf dann immer noch günstig? In Aalholm hat es geklappt und in Mailand noch einmal. Wann folgt die nächste „no reserve“-Auktion mit den niedrigen Estimates?

Kay Gallowski